„Selbermacher“ vs. „Machen-Lasser“: Die ewige Diskussion in der Tuningszene
Wer kennt die Situation nicht: Man stolpert auf einem Event über einen echten Brecher. Einen Wagen, der heraussticht. Mit unzähligen Details und einer Verarbeitung, die ihresgleichen sucht. Und während man gerade am Staunen ist, kommt aus irgendeiner Himmelsrichtung der Satz „Das hat der doch alles machen lassen!“.
Die Tuningszene läßt sich eigentlich grob in 2 Lager aufteilen. Jene, die an ihrem Wagen alles selbst machen und die, welche alles machen lassen. ABER: Das ist nur in der Theorie so. Denn wer macht schon ALLES selbst? Und wer läßt wirklich ALLES machen?
Alles? Wirklich alles?
Es gibt solche Phänomene. Leute, die wirklich alles selbst machen können und das dann auch tun. Allerdings gibt es zum Beispiel auch gelernte Lackierer, die ihr Fach absolut beherrschen und sich für eine aufwändige Airbrush-Lackierung dennoch an einen Spezialisten wenden. Man kann sich auch mit Motoren wunderbar auskennen und für bestimmte Tuning-Maßnahmen muss man dann trotzdem zu einer Fachfirma gehen, weil schlicht und ergreifend das passende Equipment fehlt. Die Liste mit Beispielen läßt sich beliebig erweitern. Die meisten „Selbermacher“ sind auch nicht unbedingt gelernte Schrauber und haben bei näherer Betrachtung dann doch nicht so wirklich ALLES selbst erledigt. Und wer steht schon ganz alleine in seiner mit allen Werkzeugen ausgerüsteten Garage und baut ein komplettes Showcar?
Genauso verhält es sich mit der von den „Selbermachern“ verpönten „Auftraggeber“-Fraktion. Wer geht schon mit einem Koffer Geld und seinem Fahrzeug zu einem Fachbetrieb und sagt „Mach einfach mal!“? Wohl die Wenigsten. Ich wage zu behaupten, dass man ab einem gewissen Tuning-Level gar nicht mehr drumherum kommt, hier und da selbst Hand anzulegen. Beim Modifizieren eines Fahrzeugs entstehen immer wieder Probleme, deren Lösung man schlecht deligieren kann. Außerdem stammt bei einem Tuningprojekt die konzeptionelle Linie in den allermeisten Fällen vom Fahrzeughalter und viele lassen es sich auch nicht nehmen, den Profis bei der Veredelung des eigenen Wagens zu assistieren.
Es gibt also nicht nur die zwei klassichen Lager. Die meisten Tuner bewegen sich in einer Grauzone zwischen den Extremen. Kaum einer kann jede Facette des Fahrzeug-Tuning selbständig in die Tat umsetzen und kaum einer rührt keinen Finger, wenn es ums eigene Auto geht. Dieser Fakt sollte die ganze Diskussion schon einmal massiv entschärfen.
An der Frage, welche Herangehensweise beim Tuning die zu bevorzugende ist, scheiden sich bekanntlich die Geister. Jeder hat bei dem Thema seine eigene Meinung und die ist meist ganz eng an den eigenen Background gekoppelt.
Weil man es kann!
Wer viel mit den eigenen Händen machen kann, tut das natürlich auch. Wobei man unmöglich jedes Handwerk professionell erlernt haben kann, das zum Bau eines waschechten Showcars nötig ist. Welcher einzelne Auto-Enthusiast ist schon gelernter Lackierer, Karosseriebauer, KFZ-Mechaniker, Sattler, Motorentechniker und KFZ-Elektroniker? Die „Selbermacher“ verfügen alle über ein gewisses Spektrum an selbst angeeignetem Können. Und da man nicht bei allem der absolute Spezialist sein kann, kann auch das Ergebnis nicht durchweg absolut bahnbrechend sein.
Es gibt natürlich Ausnahmen. Aber diese sind sehr rar gesäht. Wer viel selbst macht, muss zwangsläufig auch Kompromisse eingehen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn man aus Kostengründen zum Selbermachen tendiert. Das soll nicht heißen, dass ausnahmslos alle Selfmade-Showcars qualitativ minderwertig sind. Allerdings ist ein Wagen, welcher nur von Spezialisten des jeweiligen Fachbereichs umgebaut wurde, als „Ein-Mann-Tuningarmee“ unmöglich zu schlagen. Und da liegt der Hund begraben...
Viele nehmen einen Wagen, der größtenteils von Profis modfiziert wurde, als unfaire Konkurrenz wahr. Als unschlagbarer Gegner, der mit unfairen Methoden spielt. Der Besitzer hat in den Augen der Kritiker nichts geleistet und im Endeffekt nur noch den Schlüssel umdrehen müssen, während andere Blut, Schweiß und Tränen vergossen haben, um ihren Wagen nach den eigenen Vorstellungen umzubauen.
Bei vielen kommt beim Anblick von professionell modifizierten Fahrzeugen deshalb der blanke Neid zum Vorschein. Aber was bleibt von diesem Gefühl noch, wenn man den Konkurrenzgedanken mal eine Sekunde lang vergißt? Wer den eigenen Wagen selbst modifizieren möchte oder auch aus finanziellen Gründen muss, sollte stolz darauf sein, wenn ein geiles Ergebnis herausgekommen ist. Wie andere unter Umständen bessere Autos bauen oder bauen lassen, ist in diesem Zusammenhang doch egal.
Wer selbst umbaut, dem wird in der Tuningszene immer Respekt entgegengebracht. Auch, wenn das Ergebnis vielleicht nicht mit einem aufwändigeren Projekt vergleichbar ist. Und wenn dies doch der Fall ist, umso besser.
Wer hat, der kann
Was spricht noch gegen einen Wagen, an dem ein Großteil der Modifikationen von Profis erledigt wurde, wenn man die Missgunst und das Konkurrenzdenken mal außen vor läßt? Richtig, nichts. Außer vielleicht die persönliche Weltanschauung. Bei „Show & Shine“-Wettbewerben zählt das Gesamtergebnis eines Tuningprojekts. Und auf dieses reduziert stehen professionell modifizierte Fahrzeuge im Normalfall besser da. Das ist nunmal so. Es ist auch uninteressant, mit welchen Mitteln Bayern München zum Rekordmeister geworden ist. Das sind einfach die Regeln, nach denen gespielt wird. Im Wettbewerb geht es nicht darum, wer was wie selbst bewerkstelligt hat. Es geht darum, das geilste Auto zu präsentieren. Und ab einem gewissen Level geht es ohne professionelle Hilfe nicht weiter.
Eines muss klar sein: Wenn in der Tuningszene nur komplett selbst modifizierte Fahrzeuge „erlaubt“ wären, gäbe es keine Tuningszene. Statt einer eigenen Subkultur gäbe es nur eine Mini-Gruppierung von Spezialisten. Es gäbe kaum qualitativ hochwertiges Zubehör und ihr würdet auch diese Zeilen nicht lesen können, weil es auch nur wenig Medien gäbe, die sich überhaupt mit dem Thema befassen.
Fazit
Die Tuningszene ist nunmal so aufgebaut. Es gibt die absoluten Macher und jene, die lieber machen lassen. Die meisten Szenegänger bewegen sich in Wahrheit zwischen diesen beiden Extremen. Und daran ist nichts Schlechtes. Beide Weltanschauungen haben sowohl Vor- als auch Nachteile und man sollte beide in vollem Umfang respektieren, solange das Ergebnis die Szene bereichert!
Ich Versuche auch alles was geht mit meinen zur verfügung gestellten Mittel das Optimum herausholen. So hab ich z.B. kein geeigneten Platz zum Schrauben.