Was bedeutet Erlkönig?
Die Kurzversion: Ein Fahrzeug-Prototyp, welcher zum Schutz gegen frühzeitige Veröffentlichung seines äußeren Erscheingungsbildes in den Medien, durch optische Tarnung unkenntlich gemacht wird, wird gemeinhin als „Erlkönig“ bezeichnet. Natürlich gibt es auch einen gleichnamigen Vogel und auch ein Werk von Johann Wolfgang von Goethe - aber darum soll es hier in diesem Artikel nicht gehen.
Wozu wird die Erlkönig-Methode angewendet?
In der Automobilindustrie wird der Verschleierung und Geheimhaltung der Optik neuer Fahrzeugmodelle eine besondere Wichtigkeit zugeschrieben. Ein Grund hierfür ist, dass die Automobilindustrie eine Beeinflussung des Absatzes bisheriger Modelle befürchtet, da aktuelle Modelle damit als quasi überholt abgestempelt werden. Um dies zu verhindern, kommen verschiedene Erlkönig-Typen zum Einsatz.
Somit kann neue Technik, beispielsweise zu Testzwecken, unauffällig in der Karosserie des aktuell noch auf dem Markt befindlichen Modells untergebracht werden. Sobald das Karosseriedesign eines Fahrzeugs steht, wird die äußere Hülle bei Testfahrten im Normalfall verschieden stark verfremdet. Hierbei sollen markante Konturen und Formen mit Verkleidungen und Abdeckungen soweit wie möglich verschleiert werden. Dabei wird die „Erlkönig-Politik", je nach Autohersteller, unterschiedlich gehandhabt.
Woher kommt der Name Erlkönig?
Die meisten unserer Leser werden wissen, dass es sich dabei ursprünglich um ein Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe handelt. Darin reitet ein Vater mit seinem kleinen Sohn im Arm durch die Nacht. Letzterem erscheint die Gestalt des Erlkönigs, welcher ihn mit in „sein Reich“ nehmen will. Während der Erlkönig für den Vater die ganze Zeit über unsichtbar bleibt, findet der Sohn noch vor dem Erreichen der Heimat den Tod.
Interessanterweise soll der Begriff „Erlkönig“ angeblich auf einem Übersetzungsfehler basieren. Der Stoff von Goethes Ballade stammt nämlich ursprünglich aus Dänemark, wo der Erlkönig „Elfenkönig“ heißt.
Allerdings bleibt die Frage "Was ist ein Erlkönig?" - sowie die Frage, wie sich der Name eines Gedichts in der Automobilindustrie etablieren konnte, noch offen:
So kommt der Name Erlkönig in die Automobilindustrie
Im Gegensatz zum heutigen Umgang, war das Veröffentlichen von Prototyp-Schnappschüssen in den 1950er Jahren keineswegs an der Tagesordnung. Als die Zeitschrift „auto motor und sport“ damals, nach anfänglichem Zögern damit beginnen wollte, Amateuraufnahmen solcher Fahrzeuge abzudrucken, überlegten die Redakteure, wie man diese Aktion „entschärfen“ könne. Auch wenn die verwendeten Fotos nach heutigen Maßstäben lächerlich waren, stellte die Tatsache der Veröffentlichung damals eine nie dagewesene Provokation der Automobilindustrie dar.
Zum Zweck der Entschärfung versah der damalige Chefradakteur, Heinz-Ulrich Wieselmann, den ersten geplanten Erlkönig-Prototyp-Artikel mit liebenswürdigen Texten, die an den Stil des bekannten Erlkönig-Gedichts angelehnt waren. Weitere Prototyp-Artikel wurden aus diesem Grund, schlicht und ergreifend „Erlkönig" getauft.
Techniken zur Verdeckung von Erlkönig-Fahrzeugen
Zur Unkenntlichmachung von Erlkönig-Fahrzeugen werden oft folgende Maßnahmen durchgeführt:
- Veränderung der Karosserie: Maskierende Aufkleber, Tarnfolien oder Überklebungen werden verwendet, um die charakteristischen Merkmale des Fahrzeugs zu ändern.
- Verdeckte Scheinwerfer und Rückleuchten: Um das Aussehen des Fahrzeugs zu verändern, werden oft provisorische Scheinwerfer und Rückleuchten verwendet.
- Veränderung der Innenausstattung: Die Innenausstattung wird oft mit provisorischen Materialien und Sitzen ausgekleidet, um den Charakter des Fahrzeugs zu ändern.
- Verdeckte Kennzeichen: Die Kennzeichen des Prototypen werden oft mit Tarnfolien oder Aufklebern verdeckt, um die Identifikation des Fahrzeugs zu verhindern.
- Verdeckte Reifen: Die Reifen des Fahrzeugs werden oft mit Tarnfolien oder Aufklebern verdeckt, um die charakteristischen Merkmale des Reifenprofils zu ändern.
Dies sind nur einige der Maßnahmen, die zur der Tarnung der Autos verwendet werden können.
Erlkönig als Marketinginstrument
Viele Automobilhersteller haben die Erlkönig-Strategie umfunktioniert. Bevor unvorteilhafte Bilder des neuen Fahrzeugs in den Medien erscheinen, wird lieber selber nachgeholfen. Ein Fotograf bekommt eine Einladung mit Ort, Datum und Uhrzeit. Der Fotograf platziert sich an einer geeigneten Stelle und wartet darauf, bis der Erlkönig vorbeifährt. Der Automobilhersteller kann dabei entscheiden, aus welchem Winkel, zu welcher Tageszeit, mit welchen Lichtverhältnissen und welcher Tarnung das Fahrzeug in den Medien erscheint. Das hat nicht mehr wirklich viel mit dem Ursprung des Erlkönigs und den Amateurbildern zu tun und handelt sich eher um eine Marketingaktion.
Auch auf den Straßen wird der Erlkönig speziell in Szene gesetzt. Erlkönige werden bewusst in den Verkehr gebracht, damit sie durch ihr ausgefallenes Erscheinungsbild viele Blicke auf sich ziehen. Die auffälligen Farben und Designs der Folie tragen aber auch dazu bei, von neuen Designs und Details der Fahrzeuge abzulenken oder sie im Gegenteil zu betonen.
Fazit zur Verwendung des Begriffs „Erlkönig" in der Automobilindustrie
- Erlkönig ist der Name von einem bekanntem Gedicht
- Verschleierung des Äußeren von neuen Modellen
- Verhinderung Wertverlust älterer Modelle
- Prototyp-Artikel wurden mit Texten im Stil des Erlkönig-Gedichts versehen
- Der Name Erlkönig hat sich bis heute durchgesetzt
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