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Pro und Contra zum „OEM“-Trend

4. Februar 2013
Tuning News: Das Erstausrüster-Tuningkonzept auf dem Prüfstand

Der „OEM“-Style hat der Tuningszene seinen Stempel aufgedrückt. Die Zahl der mit Erstausrüsterteilen modifizierten Fahrzeuge ist auch 2012 wieder merklich gestiegen. Tuningsuche-Redakteur Benjamin Planz beleuchtet für uns das Phänomen „OEM“ näher und wirft einen Blick auf die Vor- und Nachteile des Erstausrüsterteile-Konzepts.

Pro und Contra zum „OEM“-Trend

Der Umbau eines Fahrzeugs mit „Original Equipment Manufacturer“-Teilen ist keineswegs eine ganz neue Erscheinung. Schon immer gab es Enthusiasten, die Wert darauf legten, möglichst viele Erstausrüsterteile zu verbauen. Seit einiger Zeit ist der „OEM“-Style jedoch „hip“ und allgegenwärtig. Manche preisen ihn gar als das Maß aller Dinge. Was „OEM“-Style ist und was nicht, wird verschiedentlich ausgelegt. Kaum jemand ist absoluter Hardliner, dem nicht mal ein markenfremdes Radio ins Auto kommt. Spätestens beim Fahrwerk ist meistens Schluss mit der Markentreue.

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Oft wird auch die gesamte Volkswagen AG als Hersteller gewertet, wodurch man zum Beispiel seinen Golf mit Rädern von Bentley und Sitzen aus dem Hause Audi bestücken darf und trotzdem noch keine „Bastelbude“ fährt. Laut einer anderen Auslegungsvariante ist auch das Verbauen von Erstausrüsterteilen anderer Fahrzeughersteller zulässig. Nach dem zu urteilen, was ich in der Szene beobachte, sehen es die meisten „OEM“-Jünger nicht ganz so eng, wenn es um Fahrwerk, Felgen, Folierung und HiFi geht. Extremer Hardliner ist kaum jemand. Und doch polarisiert der Trend hin zum „OEM“-Style, welcher stellenweise seltsame Blüten treibt. So pusht zum Beispiel manches Fachblatt Fahrzeuge im Erstausrüster-Look und torpediert damit eigentlich die Anzeigenkunden, von denen es lebt. Außerdem kollidieren die Ansichten von Showcar-Fans und „OEM“-Jüngern auf regelmäßiger Basis, obwohl beide Stile ihre Daseinsberechtigung haben. Zeit, die Vor- und Nachteile des „OEM“-Styles zu betrachten.

Pro und Contra zum „OEM“-Trend:  (Bild 21)

Die Vorteile des „OEM“-Style

Der größte und nicht von der Hand zu weisende Vorteil von Erstausrüsterteilen ist zweifelsohne die Qualität. Egal, welches Anbauteil man ersetzen will, für Qualität auf Originalniveau muss man beim Kauf von „markenfremden“ Teilen tief in die Tasche greifen. Gerade beim Exterieur ist es stellenweise fast unmöglich, Modifikationen ohne Qualitätsverlust vorzunehmen. Bestes Beispiel sind hier die Stoßfänger. Oft ist zu beobachten, dass hochwertige Originalteile gegen Tuningteile minderer Qualität ausgetauscht werden. Beim Erstausrüster-orientierten Tuning wird die Wertigkeit des Fahrzeugs nicht geschmälert. Außerdem gibt weniger Probleme mit der Passgenauigkeit. Ein weiterer Umstand, den die „OEM“-Verfechter schätzen, ist der, dass das modifizierte Fahrzeug sein ursprüngliches Design nicht einbüßt. Die Umbauten, gerade beim Exterieur, sind oft dezenter Natur und die Formen des Fahrzeugs bleiben erhalten. In „Custom- und Showcar“-Kreisen wird dieser Fakt natürlich negativ bewertet.

Es ist zwar vergleichsweise wenig aufwändig, ein individuelles und möglichst einzigartiges Fahrzeug im „OEM“-Style zu bauen, aber dafür sehr viel schwerer in die Tat um zu setzen. Ich denke, das macht für viele gerade den Reiz an der Sache aus. Außerdem gibt es auch einige „OEM-Showcars“. Mario Bacher hat es zum Beispiel geschafft, einen VW Golf2 komplett auf Golf5-Technik umzubauen und spielt mit seinem „Golf2 TFSI“ ganz oben mit. Als „OEM“-Jünger genießt man einen weiteren Vorteil: Die Gefahr, eine „Bastelbude“ zu fabrizieren, ist vergleichsweise gering. Bei vielen der Szeneautos, die der „OEM“-Fraktion zugeordet werden, handelt es sich um recht aktuelle Modelle. Natürlich findet sich da das eine oder andere Leasingfahrzeug, welches nicht zum Showcar umgebaut werden darf. Dezentes „OEM“-Tuning ist im Normalfall dagegegen problemlos rückrüstbar. Ein weiterer Vorteil, der mit Sicherheit nicht ganz unschuldig an der Zahl der dementsprechend modifizierten Fahrzeuge ist. Außerdem ist der Rückrüst-Aspekt auch beim möglichen Wiederverkauf nicht zu verachten. Der „OEM“-Style ist auch Konzept der Wal, wenn ein Fahrzeug „von Haus aus“ schon sehr ansprechend ist und in Sachen Tuning kaum Handlungsbedarf besteht oder gar die Gefahr droht, den Boliden mit zu vielen Modifikationen zu „verschandeln“. Kürzel, die mir da direkt in den Sinn kommen: „GTI“ und „RS“. Ein Fahrzeug hauptsächlich mit Erstausrüsterteilen zu modifizieren ist auch von Vorteil, wenn ein Wagen zu 100 Prozent alltagstauglich und dezent bleiben soll, man aber dennoch nichts „von der Stange“ fahren will. Welcher Tuningenthusiast will schon mit einem auffälligen Showcar zum Geschäftstermin fahren?
Vieles spricht also klar für den Erstausrüster-Style. Doch auch diese Medaille hat zwei Seiten.

Pro und Contra zum „OEM“-Trend:  (Bild 12)

Pro und Contra zum „OEM“-Trend:  (Bild 4)

Die Nachteile des „OEM“-Style

Wie eingangs schon erwähnt, ist für die meisten spätestens beim Fahrwerk Schluss mit „OEM“. Der Grund dafür, dass die meisten OEM-Tuner keine „Extremisten“ sind und bei gewissen Teilen Ausnahmen machen, ist wohl schlichtweg der, dass sie in der Materialauswahl und der Umsetzung ihres Tuningkonzepts nicht zu sehr eingeschränkt sein wollen. Und kaum jemand hat Lust auf ein Erstausrüsterfahrwerk mit 30 Millimeter Tieferlegung. Fans von erstklassigem Klang werden sich außerdem nicht mit den serienmäßigen HiFi-Komponenten zufrieden geben. Je nach Hersteller ist auch die Auswahl an geilen Felgen recht begrenzt. Kurzum: Je mehr „OEM“-Style, desto weniger Variationsmöglichkeiten und Handlungsspielraum. Auch wenn viele der ab Werk verbauten Teile nicht direkt vom Fahrzeughersteller, sondern von namhaften Zulieferern stammen, kann man qualitativ hochwertigere und individuell passende Produkte aus dem Zubehörhandel beziehen. Neben Fahrwerk, Felgen und HiFi betrifft das vor allem Motorteile, Auspuff sowie Teile, die die Sicherheit erhöhen. Bis ins Detail veredelte Motorräume mit in Chrom glänzenden Blöcken findet man bei Fahrzeugen im „OEM“-Style recht selten vor. Der Einsatz von Carbon und kleinere Modifikationen sind dagegen „en vogue“. Auch aufwändige HiFi-Ausbauten passen oft nicht zum Erstausrüster-Look. „Dezent“ lautet das Motto.

Pro und Contra zum „OEM“-Trend:  (Bild 2)

Das hat zur Folge, dass die Vertreter dieser Kategorie auf Events meist mit geschlossener Motorhaube sowie geschlossenem Kofferraum ausgestellt werden und es im direkten Vergleich zu Showcars weniger zu bestaunen gibt. Dieser Faktor hemmt die „OEM“-Fans natürlich nicht in ihrem Tun, und das ist auch gut so. Allerdings schwindet mit steigender Zahl der im dezenten Erstausrüster-Look modifizierten Fahrzeuge der „It-Faktor“ auf Events. Die szenefremden Besucher bekommen weniger fürs Auge, die Attraktivität der Tuningevents sinkt. Natürlich werden „Ottonormalverbraucher“ angesichts eines gekonnt modifizierten „OEM“-Ausstellungsfahrzeugs eher dazu neigen, mit ihrem „Serienschlitten“ ebenso zu verfahren, da die Tuningmaßnahmen vergleichweise überschaubar erscheinen. Dennoch kleben die Augen der Massen auf Events doch meistens auf den auffälligsten Showcars. Außerdem verhält es sich mit dem „OEM“-Trend wie mit jedem anderen: Irgendwann wird es einfach zuviel. Wie viele VW Golf 5 im Erstsausrüsterlook, bei denen Grill und Felgen farblich aufeinader abgestimmt sind, rollen derzeit auf Deutschlands Straßen?

Pro und Contra zum „OEM“-Trend:  (Bild 9)

Als einer meiner Kumpels Felgen und Randleiste des Grills seines ansonsten dezenten Fünfers giftgrün beschichten ließ, fand das fast jeder fantastisch. Allerdings war das im Jahre 2006. Jetzt sind so viele „OEM“-ler unterwegs, dass es der „Coolness“ dieses Tuningkonzepts schadet. Außerdem beobachte ich eine gewisse Fraktionenbildung. Offenbar tun sich die verschiedenen Weltanschauungen schwer damit, sich gegenseitig zu akzeptieren. Natürlich kann man nicht behaupten, dass jeder „OEM“-Jünger alle Showcars als „Bastelbuden“ verunglimpft und jeder Showcarbesitzer mit „lahme 'ÖHM'-Serienkarren“ kontert. Dennoch kann man Tendenzen wahrnehmen. So gab es zum Beispiel 2012 auch einige Events, auf denen Showcars „nicht sonderlich erwünscht“ waren.

Der am wenigsten beachtete Faktor, wenn es um den „OEM“-Trend geht, ist jedoch der, dass die ganze Tuningindustrie darunter leidet. Je mehr Leute ihre Fahrzeuge in erster Linie mit Erstausrüsterteilen versehen, desto weniger setzt der Handel ab. Der im Moment diesem Fakt gleichgültig gegenüber stehende Verbraucher wird diesen Umstand erst zu spüren bekommen, wenn die „OEM“-Welle abgeebbt ist und wieder mehr Leute Teile aus dem Zubehörhandel verbauen wollen. Im Extremfall wird der eine oder andere Händler nicht mehr im Geschäft sein und gewisse Hersteller mit einem weniger umfangreichen Angebot aufwarten. Auf jeden Fall geht dieser Trend nicht spurlos an der Industrie vorbei.

Pro und Contra zum „OEM“-Trend:  (Bild 13)

Fazit

Natürlich gibt dieser Artikel meine subjektive Meinung wieder. Jeder gewichtet die Vor- und Nachteile anders und das ist OK so. Ich selbst bin seit Jahren Besitzer eines „nicht mehr serienmäßigen“ Fahrzeugs. Manche Modifikationen habe ich mit Erstausrüsterteilen vorgenommen, manche wurden mit Teilen namhafter Zubehörhersteller verwirklicht. Ich persönlich glaube als Autoenthusiast nicht an „den einzig wahren Style“.

Meiner Meinung nach haben Fahrzeuge im „OEM“-Look ihre Daseinsberechtigung in der Tuningszene. Auf jedem Event sollten einige Vertreter dieser Gattung zu bestaunen sein. Allerdings im bunten Mix mit auffälligen Showcars, zeitgenössisch modifizierten Youngtimern, Customcars und Motorport-orientierten Fahrzeugen. Denn nicht der „OEM“-Style ist das Maß aller Dinge in der Tuningszene. Vielfalt und Individualität sollten den Ton angeben. Je weniger Fahrzeuge im Erstausrüsterlook modifiziert werden, desto besser kommen diese zur Geltung. Letzten Endes muss natürlich jeder selbst wissen, was ihm gefällt. Der eigene Geschmack entscheidet. Dieser Fakt wurde in der Szene Gott sei Dank schon immer groß geschrieben. Daran wird kein Trend jemals etwas ändern.

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