VW Derby: Der Rucksackpolo
Audi brachte in den Siebzigern nach der rekordverdächtigen Entwicklungszeit von nur 21 Monaten den kompakten „Audi 50“ auf den Markt. Die Konzernschwester Volkswagen bot wenig später eine „Sparversion“ des Kleinwagens mit identischer Karosserie an. In Anlehnung an den VW Golf mit seinem sportbezogenen Namen erhielt der Neue den bis heute gebräuchlichen Namen „Polo“. Die Wolfsburger wollten es nun wissen und gaben den Ingolstädtern den Auftrag, zusätzlich noch eine Stufenheckversion zu entwickeln. Diese erhielt den Namen „VW Derby“ und kam im Februar 1977 zu den Händlern. Der anfänglich sogar den Polo noch übertreffende Verkaufserfolg mit 72.412 Einheiten im ersten Jahr täuschte. Schon bald ging die Nachfrage rapide zurück. Volkswagen versuchte über die Jahre immer wieder, Stufenheck-Fahrzeugen auf Basis des Polo am Markt zu etablieren. „Derby II“, „Polo Classic“ und wie sie alle hießen....ihnen allen blieb der große Erfolg beim Kunden verwährt. Der bis 1979 produzierte erste Derby ist damit der beliebteste „Rucksack-Polo“, den es je gab.
Diagnose: „Derby-Fieber“
Schon bevor sie volljährig war, begeisterte sich Jana Köber für Autos. Ihr damaliger Freund fuhr einen Golf der ersten Stunde. Dadurch kam sie schon früh mit „etwas betagteren“ Volkswagen in Berührung. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die heute 26jährige einen rar gewordenen Derby aus dem Jahre 1977 ihr Eigen nennt. Zusammen mit ihrem ebenfalls autobegeisterten Ehemann verbringt sie ihre Freizeit gerne in der heimischen Schrauberhalle und legt natürlich auch selbst Hand an. Anderen beim Schrauben zuzuschauen ist absolut nicht ihr Fall. Jana ist Praktikerin aus Überzeugung. Und das sieht man ihrem Auto absolut an.
Alles auf Anfang
Nachdem Jana in Besitz des Derbys gekommen war, betätigte sie den Reset-Knopf. Sie strebte nämlich einen totalen Neuaufbau an. Der zum Kaufzeitpunkt bereits über 33 Jahre alte Volkswagen hatte natürlich etwas Zuwendung nötig. Ganze zwei Jahre gingen ins Land, bis das Fahrzeug wieder aus der Garage rollen durfte. Die investierte Zeit zahlte sich jedoch aus, strahlt der Oldtimer heute doch wie frisch vom Band gelaufen.
Weniger ist mehr
Statt nach massiven Tuningmaßnahmen strebte die begeisterte Schrauberin eher nach einer originalgetreuen und behutsamen Rekonstruktion. Verspoilerungen oder zu viel Bodywork empfindet sie bei einem solchen Fahrzeug als unpassend. Gegen Modifikationen, die in zeitgenössischem Einklang mit dem Erscheinungsbild des Derbys stehen, hat Jana jedoch nichts einzuwenden. So gönnte sie sich den verchromten Außenspiegel eines (klassischen) Audi 100. Die beim Wiederaufbau verwendeten Rückleuchten stammen vom Bruder, dem Polo 1. Alle vorgenommenen Schweißarbeiten dienten ausschließlich der Restauration des klassischen Wolfsburgers. Der Innenraum wurde nicht verändert. Alles ist so braun wie vor über 3 Dekaden. Nur die gestrickte Hülle für die obligatorische Klopapierrolle auf der Hutablage war damals nicht serienmäßig.
Welcome to Miami
Natürlich blieb Jana auch bei der Farbe ihrer Linie treu. Der Wagen rollte 1977 im bekannten „Miami-Blau“ vom Band. Und genau in dieser Farbe sollte er auch wieder neu erstrahlen. Der klassische Lack bedeckt die Karosserie des Derbys bis in die letzten Ecken.
Tiefer geht immer
Beim Thema „Fahrwerk“ läßt sich Jana schon eher auf Modifikationen ein. Fahrwerke mit Gewinde oder gar Luftbetrieb sind für sie allerdings Tabu. Ein klassisches Sportfahrwerk erhielt jedoch Zugang zu den Radhäusern. Der Front des Derbys liegt dadurch 105 Millimeter tiefer, die Heckpartie wurde um 90 Millimeter abgesenkt.
Abgerundet wird das Bild von den schwarzen BBS-Felgen in 6x13 Zoll. Deren Felgenhörner strahlen im Blauton aus Florida.
Zeitreise
Wirft man einen Blick unter die Motorhaube des Derbys, erkennt man nur am Stand der Technik, dass es sich bei Janas Fahrzeug um einen Oldtimer handelt. Der Originalmotor hat mit 40000 Kilometern weniger Laufleistung auf dem Buckel wie die meisten aktuellen Fahrzeuge, die einem auf Deutschlands Straßen täglich begegnen.
Außerdem wurde der 50 PS starke Vierzylinder beim Neuaufbau schwarz matt lackiert.
„Es gibt immer was zu tun”
...lautet nicht nur der Werbeslogan einer bekannten Baumarktkette. Diese Antwort erhält man von Derbyfan Jana, wenn man sie fragt, was ihr an ihrem Schrauberhobby am meisten Freude bereitet. Der Fuhrpark von ihr und ihrem Mann umfasst natürlich noch weitere Fahrzeuge, denen die beiden Aufmerksamkeit schenken können. Unter anderem wartet ein VW Santana auf seine Motor-OP. Tuningsuche.de wünscht dem Schrauberpaar noch viele Stunden trauter Zweisamkeit in ihrer heimischen Werkstatt!
Daten und Fakten
Allgemein
Hersteller: Volkswagen, Typ: Derby GLS, Baujahr: 1977
Kaufdatum: August 2010
Motor
Typ: Reihenmotor, Zylinder: 4, Hubraum: 1093 cm³
Leistung: 37kW (50 PS) bei 5600 U/Min
Maximales Drehmoment: 75 Nm bei 3500 U/Min
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 18 Sekunden
Fahrwerk
Stoßdämpfer: Koni, Federn: FK
Tieferlegung: 105mm VA, 90mm HA
Räder
Felgen: BBS
Dimensionen: 6x13 ET42 mit 5mm Spurverbreiterung
Felgen schwarz lackiert, Felgenhorn in Wagenfarbe.
Reifen: Bridgestone VA, Dunlop HA
Dimensionen: 175/50R13
Exterieur
Verchromter Außenspiegel von Audi 100.
Rückleuchten von VW Polo1.
Lackierung in Originalfabre „Miami blau“.
Text: B. Planz, Bilder: M. Arnold