Wieso man Markenhass hassen sollte
Gleich zu Beginn: Ich bin seit Jahren überzeugter VW-Fahrer und würde mich höchstens noch zu einem Fahrzeug aus Ingolstadt hinreißen lassen. Trotzdem verfasse ich einen kritischen Artikel zum Thema „Markenhass“. Das Klischee vom „alle anderen Marken diskriminierenden VW-ler“ ist also genau das: Ein Klischee. Man kann eine bestimmte Marke gut finden, super finden oder gar verehren. Dass andere, aus welchen Gründen auch immer, unter Umständen eine abweichende Meinung haben, muss man eben akzeptieren. Aber der Reihe nach...
Die üblichen Klischees
Ein paar Klischees habe ich ja schon aufgezählt. Ich denke, dass jeder genügend Szene-Vorurteile kennt und es daher unnötig ist,noch weitere zu nennen. Woher diese kommen, ist oft schwer zu sagen. Manchmal steckt vielleicht auch ein Fünkchen Wahrheit darin. Allerdings sind die (zumeist negativ belegten) Vorurteile gegenüber den Jüngern spezieller Fabrikate ein Thema, das doch größtenteils noch mit Humor genommen wird. Man macht sich gegenseitig fertig, trinkt aber gleichzeitig zusammen ein Bier.
Der vor allem im Internet zelebrierte blanke Markenhass läßt jedoch in allen Lagern die Emotionen hochkochen. Manche lehnen einfach alles ab, was nicht von ihner bevorzugten Marke stammt. Frei nach dem Motto „Ist der Wagen nicht von Hersteller XY, ist er SCHROTT!“. Die Stellungnahmen der vom Markenhass Getriebenen lassen dabei stets jede Objektivität vermissen und Diskutieren ist sowieso absolut zwecklos. Dabei spricht so vieles gegen diese engstirnige Weltanschauung...
Man sollte Markenhass hassen...
...weil die Tuningszene seit jeher von der Vielfalt lebt. Wenn jeder plötzlich der gleichen Meinung wäre und den gleichen Geschmack hätte, würde es binnen kürzester Zeit unfassbar langweilig werden. Jeder noch so verbohrte Fanatiker wird das genau so sehen, wenn er drei Sekunden lang in sich geht und darüber nachdenkt, was er eigentlich bezwecken will.
Markenhass macht alleine schon deshalb keinen Sinn, weil das Ziel der meisten Tuner doch ist, einen individuellen Wagen zu fahren, der sich abhebt. So gesehen muss man um jeden einzelnen Enthusiasten froh sein, der die Welt anders sieht als man selbst. Denn genau das macht unsere Subkultur aus. Vielfalt und Individualität sind Eckpfeiler der Tuningszene. Man muss natürlich nicht alles abfeiern, was einem eigentlich gar nicht gefällt. Aber man sollte zumindest alles, was kein totaler Murks ist, respektieren.
Wenn wir gerade beim Thema „Murks“ sind: Es gibt bestimmte Marken, die laut Klischee den Murks gepachtet haben. Dieser Mythos wird von manchen allerdings so ausgelegt, dass man mit Fahrzeugen dieser Hersteller einfach keine akzeptablen Ergebnisse erzielen kann und die entsprechenden Halter sowieso alle Pfuscher sind. Und das ist natürlich völliger Quatsch.
Es mag Ausnahmen geben. Aber generell sollte man annehmen, dass ein kreativer Schrauber aus fast jedem Basisfahrzeug etwas geiles bauen kann. Was durfte man über die Jahre schon an außergewöhnlichen Autos bewundern, die eigentlich ganz und gar nicht innerhalb der Norm lagen. Und wenn man ehrlich ist, beeindrucken einem gelungene Fahrzeuge, die normalerweise gar nicht den persönlichen Geschmack treffen, doch sehr viel mehr als die, die vom Band des eigenen Lieblingsherstellers gelaufen sind. Und „Murks“ ist bekanntlich markenunabhängig.
Wie schlimm ist das Problem wirklich?
Was bleibt noch übrig vom Phänomen Markenhass, wenn morgen jemand den Stecker des World Wide Webs zieht und damit dem „Online-Gehate“ jede Plattform nimmt? Wahrscheinlich nicht allzu viel. Unter den Internet-Markenhassern sind unzählig viele minderjährige Trolle, die ihrem über dem Bett hängenden Lamborghini-Poster huldigen und im Netz auf dicke Hose machen. Man sollte sich den Online-Markenhass demnach nicht zu sehr zu Herzen nehmen.
„„Markenoffen“ und „Markenhass“ passt irgendwie nicht zusammen, sollte man meinen.”
Ohne Internet bleibt recht wenig Platz für Gehate. Wen interessiert es schon, wenn eine Gruppe Fanatiker über ein Event stolziert und affig jeden Wagen diskriminiert, der nicht von dem von ihnen bevorzugten Hersteller stammt? Wohl die Wenigsten. Und überhaupt ist doch die Mehrzahl der Events heutzutage markenoffen. "Markenoffen" und „Markenhass“ passt irgendwie nicht zusammen, sollte man meinen.
Die vom Markenhass Zerfressenen wird man nicht vom Gegenteil überzeugen können. Man kann sie aber gekonnt ignorieren. Ansonsten gibt es kein Entkommen aus dem Teufelskreis. Wenn ein Anhänger der Marke X mehrfach von Anhängern der Marke Y angefeindet wird, wird er zweifelsohne damit beginnen, im Gegenzug „unschuldige“ Anhänger der Marke Y zu diskriminieren. Und so weiter und so weiter und so weiter. „Drüber stehen“ ist die einzige Lösung des Problems! Drüber stehen und sein eigenes Ding machen...
Fazit
Markenhass ist ein völlig überflüssiges und lästiges Phänomen ohne jede positive Begleiterscheinung. Man muss natürlich nicht alle Marken bejubeln. Man muss auch nicht alle Fabrikate mögen. Es ist auch OK, bestimmte Fahrzeuge ganz und gar nicht ausstehen zu können und sich auch entsprechend negativ zu äußern. Den Szenegängern, die einen „abwegigen“ Geschmack haben und richtig geile Sachen bauen, sollte man jedoch immer den nötigen Respekt zukommen lassen. Auch, wenn man persönlich anders gepolt ist. Wie bei 1000 anderen Dingen im Leben gilt auch beim Thema „Markenhass“: Man sollte nicht in Schubladen denken und alles in „Schwarz“ oder „Weiß“ einteilen. Es gibt schließlich auch Grautöne. Bevor es zu philosophisch wird: Markenhass ist für den ihr-wißt-schon-was! Immer locker bleiben...